Freitag, 4. September 2020

Ein ganz normaler Tag

In der aktuellen Horseman-Zeitschrift ist ein toller Artikel, der sich damit beschäftigt, wie wichtig die richtige Haltung für die geistige und körperliche Entwicklung ist und das viele Probleme nicht nur auf das Training und den Trainer oder die Ausrüstung zurückzuführen sind, sondern hier die artgerechte Haltung eine große Rolle spielt.

Die meisten Pferdebesitzer sehen ihre Tiere aber nur wenige Stunden am Tag und dann meist nur zum Putzen und Reiten. Ich habe das Privileg, die Pferde selbst von der Couch im Wohnzimmer aus noch beobachten zu können. Also dann, wenn sie sich völlig unbeobachtet fühlen und niemand Ansprüche stellt oder ablenkt. 

Genau jetzt - und es ist 11:00 Uhr am Vormittag - sitze ich auf dem Balkon, zur Untätigkeit verdammt, weil mein Ellenbogen schmerzt und ich mich heute mal ausruhen soll. Genau auf der anderen Seite des Hofes genießen die Pferde gerade ihre Vormittagsruhe. Dicht an dicht, aufgereiht wie an einer Perlenkette wird gedöst - und dass über mehrere Stunden. 



Jeden Tag, in etwa um 7:00 Uhr, kommt die ganze Truppe von der Weide nach unten, um zu trinken. Entsprechend der Rangfolge in der Gruppe können immer ca. 3 Pferde gleichzeitig ans Wasser. Der Rest wartet ruhig ab, bis er an der Reihe ist. Danach gibt es für jeden einen Haufen Heu auf der Matschkoppeln zum Frühstück. Wenn der aufgefressen ist, wandern alle zu dem Trailstück, auf dem sie auch jetzt im Moment stehen, um zu schlafen oder zu dösen.

Gegen Mittag löst sich die Versammlung auf. Jetzt verteilen sich alle ziemlich großzügig über den ganzen Trail, fressen die letzten Reste aus den verschiedenen Heuraufen, toben und spielen oder gehen wieder auf die Weide. 

Neue Weidestücke gibt es in der Regel so gegen 16:00 Uhr, so dass sich dann alle wieder sammeln und ungeduldig auf mich warten, damit ich neues Gras freigebe. Spätestens dann gehen alle Pferde auch wieder zum Wasser. Wenn es keine neues Gras gibt - bei uns ist schon wieder alles zu trocken gewesen, so dass wir jetzt erstmal 2 Wochen ohne Weide auskommen müssen, bis sich diese erholt hat - werden um diese Zeit die Heuraufen neu aufgefüllt und alle stürzen sich darauf, als wären sie verhungert. Auch dann, wenn noch Reste vom Vortag in der Raufe waren. Das neue Heu könnte ja besser schmecken. 

Bis in die Abendstunden ist dann die Zeit, in der die meisten Pferdebesitzer kommen um sich mit Ihren Tieren zu beschäftigen. Auch in der Nacht ist noch Bewegung in der Herde zu spüren. Und ab und an verpasst einer den Anschluss und wiehert seinen Kumpels hinterher. 

Im Vergleich zum letzten Jahr ist aber insgesamt weniger Bewegung zu verzeichnen. Die Pferde laufen deutlich mehr, als in anderen Haltungsformen, haben aber Ihre Abläufe gegenüber dem letzten Jahr scheinbar optimiert. Zu viel unnötige Wege werden vermieden. Die Gruppe ist sehr harmonisch und die beiden Neuzugänge, die seit einigen Wochen dabei sind haben sich gut integriert. Ich glaube nicht, dass man auf dem Foto erkennen kann, wer neu dazu gekommen ist.

Rund um den Trail gibt es für die Pferde viel zu sehen und von einigen hoch gelegenen Punkten haben alle einen guten und weiten Rundumblick. Auch die Aussicht auf den Reitplatz wird von vielen Pferden gerne genutzt, wenn der beste Freund dort gerade trainiert wird. 

Allerdings ist diese Haltungsform nicht für alle Pferde optimal. Gerade für ältere Tiere können die weiten Wege und das bergige Gelände irgendwann zu anstrengend werden. Dann ist es ratsam, diese über Nacht von den anderen zu separieren. Zudem müssen wir bei einigen Pferden genau beobachten, ob sie auch ausreichend Ruhe bekommen. 

Insgesamt ist es für mich aber mit Abstand die beste Haltungsform und die Pferde waren noch nie so ausgeglichen und entspannt wie jetzt.





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